Der FC Bayern und Ruanda haben sich vor wenigen Monaten auf eine fünfjährige Partnerschaft verständigt. Seitdem schlägt den Münchnern viel Kritik entgegen. Vorstandschef Jan-Christian Dreesen erläuterte und rechtfertigte nun das Engagement.
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Leserbrief zu Simone Schlindwein, 29. August 2023
Bayern München und ein heikler Sponsor: Neue beste Freunde
Der FC Bayern geht eine Partnerschaft ein. Geworben wird für Ruanda, wo Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung stehen.
Der Artikel wird geprägt vom Foto des Staatspräsidenten Paul Kagame, das den Leserinnen und Lesern den „Schlüssel“ für die angeblich richtige Interpretation der Wirklichkeit anbieten soll. Nicht nur die Überschriften wirken kritisch, auch der optische Eindruck soll Gewalt und Diktatur darstellen.
Beim Lesen des Artikels wird deutlich, dass Medien im Westen es für nicht opportun halten, dass sich ein Land in Afrika mit Selbstbewusstsein aus der Asche der eigenen Vergangenheit erhebt und viele Landsleute dabei mitnimmt. Streng im Vorgehen und zugegebenermaßen auch oft sehr drängend und ungeduldig im Führungsstil, hat es Ruanda nach der Stunde „0“ im Jahre 1994 zu einem angesehenen und geachteten Land für die eigenen Leute und auf internationaler Bühne geschafft. Diese Ergebnisse konnte damals niemand erwarten, weil der Zivilisationsbruch durch den Genozid als unheilbar erschien. Umso mehr beweist die Entwicklung Ruandas unter Präsident Kagame, wie ein Land durch innere Disziplin und großen Fleiß sich einen guten Platz im Innern und Äußeren erarbeiten konnte. Nun wird ein mit wirtschaftlicher Perspektive gut ausgehandelter Vertrag den Vertragspartnern vorgehalten, etwas Unlauteres zu tun. Dem 1. FC-Bayern, weil er mit einem bisherigen Sponsoring von Katar ziemlich daneben lag, und jetzt noch mehr mit dem scheinbar unmöglichen Partner Ruanda. In der Lesart der taz ist Ruanda die Steigerung des Unmöglichen, die Steigerung der verfehlten Politik, einfach ein missratenes Stück Entwicklung. „Nur gut“ denken die Leser, dass das Land so klein ist. Und demnach keine Bedeutung hat?
Es müsste aber längst aufgefallen sein, dass Ruanda und Paul Kagame in der internationalen Bewertung längst ein hohes Ansehen und einen Stellenwert genießen, von dem andere Länder nur träumen können. Ruanda wird deshalb jetzt schon anders behandelt als aus der Sicht derjenigen, die in der alten kolonialen Denkweise die 1. und 2. Republik Ruandas für die „richtige“ Republik hielten. Die ethnische Trennung von Hutu, Tutsi und Twa hatten die Kolonialmächte in die Ausweise diktiert. Kagame hat diese Trennung als erste Amtshandlung 1994 aus dem Pass gestrichen. Seitdem gibt es nur noch Ruander ohne ethnische Trennung, ein erster Schritt zur Versöhnung der jahrzehntelangen Ungerechtigkeiten. Bekannt sei das Land für „seinen Völkermord“, berichtet Simone Schlindwein. Kagame versuche das Image „aufzupolieren“. In dem bunten Strauß abenteuerlicher Zuschreibungen fehlt dann nicht die Befürchtung, dass Ruanda das Geld, das es in der Entwicklungszusammenarbeit erhalte, wahrscheinlich leichtfertig ausgebe. Soll etwa Ruanda nur mit Genehmigung der Geldgeber Verträge abschließen? Die Souveränität eines Landes sieht anders aus! Die Unabhängigkeit von ausländischen Geldgebern mit humanitären Zeigefingeransprüchen kann Ruanda nur verbessern durch die Steigerung der Wertschöpfung im eigenen Land. Das ist ein seit Jahren erklärtes Ziel aller ruandischen Bemühungen, und zwar mit Erfolg.
Simone Schlindwein, die die Geschichte des Genozids und seiner Aufarbeitung aus dem Stuttgarter Verfahren über die deutsche Außenstelle der Genozidtäter, der FDLR, kennt– wo sie mit Dominic Johnson eine sehr wichtige Prozessbeobachterin war – verkennt offensichtlich, was Ruanda inzwischen aufgebaut hat. In Schulen und Bildung, in der Gleichstellung der Frauen, im Ausbau des Rechtswesens, in der Bekämpfung jeder Art von Korruption, in einem sehr effektiven Parlament mit zwei Kammern und in Erfolgen guter, bürgernaher Verwaltung. Kolonialer Stil ist die Überheblichkeit, mit der hierzulande immer noch geurteilt wird, unbeabsichtigt vielleicht, aber dennoch wirksam. Kein Wunder, dass Ruanda auf eine zukünftige Süd-Süd-Partnerschaft mehr setzt, als auf die unausgeglichene, traditionelle Nord-Süd-Politik, die in diesem Bericht zum Ausdruck kommt.
Alle anderen Staaten in Afrika scheinen im Ranking der Taz demnach vor Ruanda zu stehen. Denkt man. Die internationale Bewertung sieht anders aus. Paul Kagame wurde von afrikanischen Publizisten vor kurzem zum Mann des Jahres erklärt. Er macht eine Politik, die erfüllt, was in diesen Tagen auch hier als Ziel formuliert wird, nämlich die Alltagsprobleme der Menschen anzupacken. Ein politischer Stil, der den Leuten nicht erklärt, wie sie sein sollen, sondern ernst nimmt, was sie umtreibt und der ihnen Respekt entgegenbringt.
Es ist zu hoffen, dass die deutsche Öffentlichkeit „das traumhafte Land der tausend Hügel“ im Herzen Afrikas durch die Tourismuswerbung beim 1. FC Bayern noch besser in Erinnerung bekommt und Ruanda besucht wird. Es lohnt sich nicht nur wegen der Werbung im Münchner Stadion für „Visit Rwanda“, sondern auch wegen der Menschen in Ruanda und wegen der Anstrengungen, die die deutsche Politik offiziell unternimmt. In der Zusammenarbeit mit Ruanda werden Meilensteine neuer Entwicklungspolitik gesetzt. Und wenn die erfolgreiche Zusammenarbeit des Landes Rheinland-Pfalz mit Ruanda seit jetzt 41 Jahren dabei nur ein kleines Beispiel ist, es gibt viele Akteurinnen und Akteure, die sich mit gutem Grund für und in Ruanda engagieren. Sie finden sich und ihre Ideen in der Verurteilung Ruandas nicht wieder.
Dietmar Rieth, ehem. MdL(1991 – 2001) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dr. Richard Auernheimer, Staatssekretär a.D.